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Der Versicherungsbetrug in der KfZ-Versicherung

Juni 5, 2024

Der Gesamtverband der  Deutschen Versicherungswirtschaft schätzt, dass jeder 10te gemeldete Versicherungsfall (bei der Haftpflichtversicherung sollen es sogar 16% sein) fingiert ist und der Versicherungswirtschaft ein jährlicher Schaden in Höhe von 5 Milliarden Euro entsteht.

Da ist es nachvollziehbar, dass sich gerade bei den betroffenen Versicherern (KfZ-Versicherung, Haftpflichtversicherung, Krankenversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung, Unfallversicherung und der Gebäudeversicherung) inzwischen „Sonderabteilungen“ etabliert haben, die bei konkreten Hinweisen, ermitteln, ob ein Versicherungsbetrug vorliegt.

Dieser Beitrag behandelt den in der Praxis des Versicherungsrechts bedeutsamen Fall des Versicherungsbetruges in der KfZ- Haftpflichtversicherung und Kaskoversicherung und soll aufzeigen, wie die Versicherungswirtschaft bei Verdacht vorgeht, wie Sie erkennen können, dass gegen Sie ermittelt wird und wie ein typisches Verfahren in Sachen Versicherungsbetrug abläuft.

Was ist Versicherungsbetrug in der KfZ-Versicherung?

Versicherungsbetrug liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer oder der vermeintlich Geschädigte durch unwahre Tatsachenbehauptung und Täuschung von der Versicherung eine Leistung verlangt, auf die er keinen Anspruch hat.

In der KfZ-Versicherungen kommen hierbei vor allem in Betracht

  • der fingierte Unfall
  • der fingierte Versicherungsfall in der Kaskoversicherung
  • der provozierte Unfall

Beispiel für einen fingierten Unfall

Lars Leichtgläubig und Bernd Bösewicht treffen sich Nachts auf einem leeren Parkplatz und verabreden, dass Lars Leichtgläubig in das Fahrzeug von Bernd Bösewicht fährt. Gegenüber der Kfz-Haftpflicht von Lars Leichtgläubig behaupten beide, Lars wäre nach dem Einkaufen aus Unachtsamkeit beim Ausparken in die Seite des parkenden Fahrzeuges von Herrn Bösewicht gefahren.

Beispiele für einen fingierten Versicherungsfall in der Kaskoversicherung

Der Versicherungsnehmer behauptet, sein Fahrzeug sei durch unbekannte Dritte in der Nacht rundherum beschädigt worden. Tatsächlich war er es aber selbst um teure Reparaturkosten geltend zu machen. Er selbst kann den Schaden (optisch) kostengünstig (Smart Repair) beheben.

Der Versicherungsnehmer behauptet, sein Fahrzeug sei gestohlen worden. Tatsächlich hat er es aber im Ausland verkauft.

Thomas Trunkenbold ist betrunken von der Fahrbahn abgekommen und mit der Leitplanke kollidiert. Später behauptet er (das Fahrzeug ist nur Teilkaskoversichert) er habe einem Wildtier ausweichen müssen.

Beispiele für einen provozierten Verkehrsunfall

Die Täter suchen sich einen unerfahrenen oder unbeholfenen Fahrer aus und provozieren einen Unfall, indem sie plötzlich und unerwartet eine Vollbremsung durchführen und den anderen auffahren lassen.

Die Täter warten an einer vorfahrtsberechtigten Straße (z.B. Rechts vor Links) und gewähren dem Geschädigten per Handzeichen Vorfahrt. Dann fahren sie einfach los und behaupten später, man hätte ihnen die Vorfahrt genommen. 

Was droht bei einem Versicherungsbetrug?

strafrechtliche konsequenzen

Die Versicherung zu betrügen ist kein Kavaliersdelikt. Es ist eine Straftat. 

Gemäß § 263 Abs. 1 StGB reicht der Strafrahmen von Geldstrafe bis hin zur Freiheitsstrafe von bis zu fünft Jahren. Sollte sogar ein besonders schwerer Fall des Betruges vorliegen, reicht die Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis hin zu 10 Jahren.

Auch kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Bestrafung wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gem. § 315b StGB erfolgen. Dann droht auch der Entzug der Fahrerlaubnis.

versicherungsrechtliche konsequenzen

Auch die zivilen versicherungsrechtlichen Konsequenzen können erheblich sein. Selbstverständlich erhalten die Täter keine Leistung und bleiben auf dem Schaden sitzen (Leistungsverweigerungsrecht des Versicherers). Darüber hinaus wird der Versicherer sicherlich sämtliche Versicherungsverträge kündigen.

In der Regel wird der Versicherer teure Ermittlungen angestellt haben. Nicht selten wird ein unfallanalytisches Gutachten erstellt und private Detektive beauftragt. Die Kosten belaufen sich hier schnell auf 3.000€ und mehr.

Diese Kosten will der Versicherer dann von dem Täter erstattet haben. Kommt es – wie meistens– zu einem Prozess, tragen die Täter die Prozesskosten (Gerichtskosten, Rechtsanwaltskosten, Sachverständigengebühren etc.). Sollte hierfür zunächst die Rechtsschutzversicherung eingetreten sein, wird diese sicherlich die Kosten zurückfordern. Denn diese kann dann den Regress wegen Obliegenheitspflichtverletzung führen. Insgesamt kommt hier (je nach Höhe des „Schadens“ schnell eine Summe von über 10.000€ zusammen.

Wie erkennt der Versicherer einen Versicherungsbetrug?

Einen Versicherungsbetrug zu erkennen ist für den Versicherer nicht leicht. Nur in den seltensten Fällen wird er von anonymen Dritten gewarnt oder darauf aufmerksam gemacht.  Deshalb werden die Sachbearbeiter sensibilisiert und darauf geschult, auf Indizien zu achten, die auf einen typischen gestellten Unfall hinweisen könnten. Hat sich ein Anfangsverdacht ergeben, wird der Fall in der Regel in die Sonderabteilung übergeben die dann entsprechende Ermittlungen tätigt / beauftragt.

Aber was sind typische Indizien die auf einen gestellten Unfall hindeuten?

indizien für einen gestellten unfall

Inzwischen gibt es eine ganze Litanei an von der Rechtsprechung entwickelten Indizien, die für einen gestellten Unfall sprechen könnten.  Nachfolgend sollen unter den typischen Indizien jene dargestellt werden, die in der Praxis am häufigsten vorkommen.

  • Die Beteiligten kennen sich
  • Das Fahrzeug des Geschädigten gehört der gehobenen oder Luxusklasse an (Mercedes, BMW, Audi, Porsche etc).
  • Das Fahrzeug des Verursachers ist „wertlos“ oder kaskoversichert
  • Eines oder beide Fahrzeuge sind vorschadenbelastet
  • Die Vorschäden werden verschwiegen
  • Einer der Beteiligten ist besonders häufig in Unfälle verwickelt 
  • Der Unfall ist nicht plausibel oder nur mit größter Unachtsamkeit zu erklären
  • Der Unfall hat sich zur Nachtzeit zugetragen
  • Es gibt keine Zeugen
  • Beim Vandalismusschaden wurde das Fahrzeug rundherum beschädigt
  • Die Polizei wird nicht hinzugezogen
  • Die Polizei wird hinzugezogen, es wird aber ein sofortiges Schuldeingeständnis abgegeben 
  • Es werden keine Lichtbilder von der Endstellung der Fahrzeuge gefertigt
  • Die Beteiligten leben in wirtschaftlich „angespannten“ Verhältnissen
  • Widersprüchliche Angaben der Beteiligten
  • Unfälle die eine Verletzung nahezu ausschließen (Parkplatz, Spurwechsel)
  • Klare Haftungslage zu Lasten des Versicherers 
  • Das oder die Fahrzeuge werden vor einer Begutachtung durch einen Sachverständigen des Versicherers „weggeschafft
  • Die Mitwirkung wird verweigert (z.B. wird das Fahrzeug nicht für eine Besichtigung zur Verfügung gestellt.
  • Einer der Beteiligten kommt aus der KfZ-Branche.

Auf die gesamtbetrachtung kommt es an!

Hat die Sonderabteilung des Versicherers ihre Ermittlungen abgeschlossen, wird sie die ermittelten Indizien in einer Gesamtbetrachtung auswerten und dann eine abschließende Entscheidung treffen.  Entweder kommt der Sachbearbeiter zu dem Ergebnis, es liegen zwar Indizien vor, aber der Sachbearbeiter ist nicht von einem gestellten Unfall überzeugt oder er glaubt nicht, dass er einen solchen vor Gericht beweisen kann. Dann wird die Versicherungsleistung ausgezahlt.

Oder er kommt zu dem Ergebnis, dass ein Versicherungsbetrug vorliegt. Dann wird die Leistung abgelehnt.

Da die Entscheidung einzig und allein auf Indizien beruht, die schlicht und ergreifend auch in einer Mehrzahl von „normalen“ Unfällen anzutreffen sind, wird die Entscheidung oftmals falsch sein. Dann wird im schlimmsten Fall einem unschuldigen Geschädigten nicht nur der Anspruch auf die berechtigte Forderung verwehrt. Er muss sogar mit den erheblichen Konsequenzen rechnen, die oben dargestellt sind. 

Deswegen ist es für jeden Betroffenen wichtig, möglichst frühzeitig zu erkennen, ob der Versicherer auch in Hinsicht eines möglichen Versicherungsbetruges ermittelt um einerseits auf diesen harten Vorwurf vorbereitet zu sein, andererseits aber vor allem, um von Anfang an eine passende Strategie zu entwickeln und um mögliche Missverständnisse zu vermeiden.

Wie erkennt man, dass der Versicherer wegen Versicherungsbetrug ermittelt?

Mir persönlich wäre kein Versicherer bekannt der jemals im Rahmen des Regulierungsverfahrens (also außergerichtlich) mitgeteilt hätte, dass er seine Leistung wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles verweigere oder wegen des Verdachtes, es könne ein Versicherungsbetrug vorliegen, ermittle.

Tägliche Praxis ist, dass die Betroffenen erst im Gerichtsverfahren davon Kenntnis erhalten wenn der Versicherer auf die erhobene Klage erwidert.

Es gibt aber deutliche Anzeichen im Verhalten des Ermittlers, die den Entschluss zu lassen, dass er entsprechend ermittelt.

Wie oben beschrieben wird die Akte / der Fall an eine interne Sonderabteilung übergeben. Dann bekommt sie aber auch ein neues Aktenzeichen / Schadennummer.  Bekommen Sie also ein Schreiben indem sinngemäß steht:

„Ihre Schadennummer hat sich geändert

kann das ein deutlicher Hinweis darauf sein, dass Ihr Fall in der Sonderabteilung gelandet ist!

Soll ihr Fahrzeug durch einen „weiteren“ Sachverständigen besichtigt werden, insbesondere weil der Versicherer „Zweifel“ an der Schadenplausibilität und Gesamtkompatibilität hat, ist das ein weiterer Hinweis darauf, dass gegen sie ermittelt wird.

Wenn der Versicherer auffällig viele Informationen verlangt. Typisch ist hier der Kaufvertrag und die Fahrzeugpapiere.

Wenn die Regulierung auffällig lange dauert (über sechs Wochen).

Wenn Sie einen ungewöhnlichen Anruf erhalten und man Sie unter anderem danach fragt, ob Ihnen der Unfallbeteiligte bekannt ist. Meistens wird hier die Legende eines gefundenen Handys von den Privatdetektiven erfunden.

Schlussendlich wenn Sie ein Schreiben des Versicherers erhalten welches wie folgt lauten könnte:

„Leider können wir nicht leisten. Unsere Ablehnungsgründe werden wir erst in einem Prozess offenbaren. Wir stellen die Beauftragung eines Rechtsanwaltes anheim“

Wenn zudem noch einzelne Indizien auf Ihren Fall zutreffen, dann können Sie sicher davon ausgehen, dass der Versicherer den Vorwurf des Betruges erheben wird.

Wie verhält man sich, wenn der Versicherer wegen Versicherungsbetrug ermittelt?

Das Schwert der Behauptung, der Verkehrsunfall sei fingiert /manipuliert ist scharf.

Grundsätzlich ist bei jedem Verkehrsunfall anzuraten, die Sache sofort einem Fachmann (Fachanwalt für Verkehrsrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht) zu übergeben. Das spart Zeit und Nerven und im Regelfall werden die Kosten vom Haftpflichtversicherer des Schädigers gezahlt.

Umso wichtiger ist aber in einem Verfahren, indem Ihnen Versicherungsbetrug vorgeworfen werden könnte, möglichst frühzeitig für eine Beratung und Vertretung durch einen Spezialisten zu sorgen. Halten Sie sich vor Augen, dass der Versicherer für solche Fälle bewusst Sonderabteilungen unterhält. Wenn Sie da auf Augenhöhe agieren wollen, brauchen Sie ebenfalls einen Spezialisten, der die Strategien und Taktiken kennt, die weit über dem eines „normalen“ Verkehrsunfallfalles hinausgehen. Bereits im Vorfeld können so Weichen gestellt werden, die etwaige Missverstände oder Taktiken des Versicherers zunichte machen!

Ansonsten empfiehlt es sich dafür zu Sorgen, keinen Verdacht aufkommen zu lassen oder etwaige Indizien zu erklären bzw. zu widerlegen.

Seien Sie ehrlich und offen. Verschweigen Sie nichts. Wirken Sie mit (sofern es angemessen ist). Haben Sie vor sich von Ihrem Fahrzeug zu trennen, teilen Sie es vorher dem Versicherer schriftlich mit und bieten von sich aus die Begutachtung an.

Machen Sie Lichtbilder vom Unfall (am besten von der Endstellung). ein Sachverständiger kann diese nicht nur auswerten, sondern so weisen Sie auch den Unfallzeitpunkt und Ort nach! Rufen Sie die Polizei hinzu. Sprechen Sie vor Ort aktiv Zeugen an und fragen Sie diese, ob sie sich als Zeugen zur Verfügung stellen würden.

Wie läuft das Gerichtsverfahren ab?

Kommt der Versicherer zu dem Entschluss, es liegt Versicherungsbetrug vor, wird er die Leistung verweigern (vgl. § 81 VVG). Dann wird man seinen Anspruch (ab 5.001€) durch einen Rechtsanwalt einklagen müssen.

In dem Prozess wird dann der Versicherer wahrscheinlich alles Bestreiten was es zu bestreiten gibt. So wird er wahrscheinlich bestreiten, dass sie Eigentümer des Fahrzeuges sind. Was Sie je nach Fall und Gericht dann zu beweisen haben! Nehmen Sie diesen Einwand trotz der Eigentumsvermutung (vgl. § 1006 BGB) nicht auf die leichte Schulter.

Weiter wird der Versicherer den Unfall bestreiten. Diesen werden Sie als Anspruchsteller / Kläger dann beweisen müssen! Auch deswegen ist es vom Vorteil die Polizei hinzuzuziehen , Lichtbilder vom Unfall zu fertigen und Zeugen zu beschaffen.

Haben Sie den Versicherungsfall / Unfall bewiesen, wendet man sich den Einwänden des Versicherers (Betrug) zu. Das Gericht muss in einer Gesamtbetrachtung zu dem Ergebnis kommen, dass vorliegend ein unfreiwilliges Ereignis anzunehmen ist.  Hierbei kommt es auf die Anzahl und die Qualität der Indizien an und wie diese zu erklären sind.

Schlussendlich bestehen dann noch die typischen Einwände zur Schadenhöhe (Kürzung nach Prüfbericht, Vorschäden etc.), die sich nicht von der üblichen Verhandlung unterscheidet.

Fazit

Bei allem Verständnis für die Versicherungswirtschaft, die täglich mit fingierten Unfällen konfrontiert ist, wird nur allzu oft die Leistung aufgrund „schwacher“ Indizien verweigert. Auch scheinen sich die Versicherer über die möglichen Konsequenzen nicht bewusst zu sein und erheben diesen Einwand nur allzu leichtfertig.

Wie aufgezeigt ist das Feld des Versicherungsbetruges ein besonderes Feld, welches einer besonderen Expertise und Erfahrung bedarf, um wirklich umfassend und erfolgsversprechend beraten und vertreten zu können. Hier sollten Betroffene nicht nur einen Fachanwalt für Versicherungsrecht oder Verkehrsrecht aufsuchen, sondern diesen auch Befragen, ob er einschlägige Erfahrung mit Versicherungsbetrug hat (Bitte keinen Strafrechtler beauftragen).

Aber nicht nur Antragstellern sondern auch dem Versicherungsnehmer darf empfohlen werden, sich rechtlichen Beistand zu holen, um die eigenen Interessen zu wahren. Denn die Rechtsanwälte des Versicherers werden Sie in aller Regel nur in der Nebenintervention vertreten. Das bedeutet, Sie sind nicht Ihre Rechtsanwälte. In einem solchen Fall, steht Ihnen am Ende (sofern sie gewinnen) auch ein Kostenerstattungsanspruch zu, da die Rechtsverteidigung erforderlich war!

Als Fachanwalt für Versicherungsrecht habe ich Erfahrungen in Betrugssachen aus weit über tausend Verfahren (bundesweit) sammeln können. Ich kenne die Strategien der Versicherer und weiß, wie man ihnen erfolgsorientiert begegnet. Gerne können Sie sich in einem kostenlosen und unverbindlichen Erstberatungsgespräch davon überzeugen. Nehmen Sie hierzu einfach und unverbindlich Kontakt auf. Ich stehe meinen Mandanten bundesweit aber vor allem in Lünen und Dortmund (Umgebung) zur Verfügung.

Ich freue mich, Ihnen bald helfen zu dürfen.

Ihr Marcus Scholz
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Groß-, und Außenhandelskaufmann

Viele Wege führen nach Rom

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