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Wettbewerbsrecht

Worauf Handelsvertreter und Versicherungsvermittler achten sollten

Das Wettbewerbsrecht stellt eine zentrale Säule des fairen Wirtschaftens dar und dient dazu, den Wettbewerb zwischen Unternehmen zu schützen und gleichzeitig unlautere Geschäftspraktiken zu verhindern. Ein wichtiges Instrument dabei ist das Wettbewerbsverbot. Dieses kann jedoch, wenn es falsch angewandt oder unzureichend verstanden wird, für Handelsvertreter und Versicherungsvermittler weitreichende und zum Teil existenzielle Konsequenzen haben. Doch keine Sorge – mit den richtigen Informationen lassen sich viele Fallstricke vermeiden.

Zunächst ist es wichtig, zwischen zwei Arten des Wettbewerbsverbots zu unterscheiden:

Das Wettbewerbsverbot während der Vertragszeit: Dies gilt als gesetzliche Nebenpflicht des Handelsvertreters nach § 86 HGB und ist während der Laufzeit des Vertrags bindend.

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot: Dieses kann nur durch eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Parteien festgelegt werden und ist in § 90a HGB geregelt. Hierbei sind bestimmte Voraussetzungen und Grenzen zu beachten.

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot für den Handelsvertreter

Grundsätzlich ist der Handelsvertreter, der sich von seinem Unternehmer getrennt hat, frei mit seinem ehemaligen Unternehmer in den Wettbewerb zu treten.

Er hat lediglich die Verpflichtung seinen (potenziellen) Kunden darauf hinzuweisen, dass er nicht mehr für den Unternehmer tätig ist, kann aber seine üblichen Vertriebsmethoden auch weiterhin anwenden. Ein solch kundiger Wettbewerber ist dem Unternehmer natürlich ein „Dorn im Auge“ weshalb gerade Versicherer versuchen, diese Gefahr durch eine entsprechende Klausel bereits im Agenturvertrag / Handelsvertretervertrag zu platzieren, um den Wettbewerb zu verbieten/ bzw. einzuschränken.

Der Handelsvertreter hingegen will die in der Vertragslaufzeit gewonnenen Kenntnisse, Erfahrungen und Kundenbeziehungen auch später frei verwenden und (finanziell) nutzbar machen.

Um den widerstreitenden Interessen Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber versucht, einen Mittelweg zu finden, der Schlussendlich durch die Regelung des § 90a HGB, Einzug in das Handelsgesetzbuch gefunden hat. Demnach ist es den Parteien grundsätzlich möglich ein Wettbewerbsverbot (sogenannte Wettbewerbsabrede) zu vereinbaren. Diese muss aber um wirksam zu sein, gewisse Voraussetzungen erfüllen und vor allem auch einen spürbaren Ausgleich schaffen.

Im Wesentlichen regelt die Norm

  • Die Form einer entsprechenden Wettbewerbsklausel
  • Die Höchstdauer
  • Die Höchstreichweite der Wettbewerbsbeschränkung
  • Die Gegenleistung des Unternehmers (Ausgleichanspruch)
  • Die Wirkung eines Verzichts auf die Beschränkung
  • Die Wirkung einer Kündigung aus wichtigem Grund 

 

Dazu im Einzelnen: Anwendungsbereich des §90a hgb

Die Regelung des § 90a HGB ist nur auf Wettbewerbsklauseln anwendbar, die vor Beendigung des Handelsvertretervertrages vereinbart worden sind. Typischerweise werden sie bereits mit dem Handelsvertretervertrag / Agenturvertrag geschlossen. Es empfiehlt sich daher bereits vor Eingehung des Handelsvertretervertrages, die Verträge zu prüfen respektive von spezialisierten Rechtsanwälten (z.B. Fachanwälte für Handels,- und Gesellschaftsrecht) prüfen zu lassen.

Nach (noch) herrschender Ansicht ist § 90a HGB auf eine Wettbewerbsbeschränkung nicht anzuwenden, wenn diese nach der formellen Beendigung es Vertrages vereinbart worden ist! Selbiges gilt für entsprechende Vereinbarungen, die im Zuge einer auflösenden Vereinbarung getroffen werden.

TIPP: Vor dem Hintergrund der EU-Richtlinie für Handelsvertreter (Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter) ist durchaus fraglich, ob die bisherige Ansicht und Rechtsprechung (noch) europarechtskonform sind. Eine Vorlage an den EuGH ist bisher nicht erfolgt.

wirksamkeitsvoraussetzungen

Damit eine Wettbewerbsabrede wirksam ist, muss sie zwingend schriftlich vereinbart werden. Schriftlich in diesem Sinne heißt, sie muss von beiden Vertragsparteien eigenhändig (oder durch einen Vertreter iSd. §164 BGB) unterschrieben worden sein. Ein einseitiges Bestätigungsschreiben iSd. § 346 HGB genügt diesen Voraussetzungen nicht. Ebenfalls nicht ausreichend ist, wenn sie lediglich als Anlage zum Handelsvertretervertrag beigefügt ist. Ausnahmen hiervon bestehen nur, wenn sie fest mit dem üblichen Vertragswerk verbunden ist und deutlich hervorgehoben ist. Ein „Verstecken“ der Wettbewerbsklausel dürfte einer AGB-Kontrolle nicht standhalten.

 Zudem muss die Wettbewerbsabrede dem Handelsvertreter / Versicherungsvermittler ausgehändigt worden sein. Die Aushändigung muss binnen angemessener Frist erfolgt sein, sonst besteht ein Zurückweisungsrecht des Handelsvertreters.

 Die Wettbewerbsabrede darf höchsten für zwei Jahre (24 Monate ab Beendigung des Handelsvertretervertrages) vereinbart werden (Höchstdauer) und darf sich nur auf den ursprünglich iSd. § 87 Abs. 2 HGB zugewiesenen Bezirk und Kundenkreis beziehen (Reichweite).

 

ACHTUNG:

Bei Versicherungsverträgen und Bausparverträgen gilt § 87 Abs. 2 HGB grundsätzlich nicht. Hier wird jedoch regelmäßig nach den Grundsätzen der Sittenwidrigkeit und nach Treu und Glauben eine geographische Einschränkung vorgenommen.

Für die Dauer der Wettbewerbsbeschränkung hat der Unternehmer dem Handelsvertreter eine Entschädigung zu zahlen (Ausgleichanspruch / Karenzentschädigung). Nicht erforderlich für die Entschädigung ist, dass der Handelsvertreter überhaupt in den Wettbewerb mit dem Unternehmer treten wollte. Insoweit handelt es sich nicht etwa um einen Schadensersatzanspruch, sondern ein Entgelt für die Abrede.

Wichtig zu wissen ist, der Ausgleichsanspruch besteht auch dann, wenn er nicht vertraglich vereinbart worden ist. Er wirkt kraft Gesetzes und kann auch nicht durch den Unternehmer angefochten werden.

Die Höhe Entschädigung richtet sich nach dem Einzelfall. Grundsätzlich ist eine angemessene Entschädigung zu leisten. Unterste Grenze ist regelmäßig die Sicherung des Lebensbedarfs. Höchstgrenze dürfte der übliche Verdients während der Vertragslaufzeit sein. Dazwischen sind vom Einzelfallabhängige Abstufungen denkbar. Insbesondere steht immer wieder im Streit, ob ein etwaiger „Zuverdienst“ anzurechnen ist oder gänzlich unberücksichtigt bleiben soll. Etwaige ersparte Aufwendungen sind regelmäßig zu berücksichtigen.

 

Besonderheiten bei der außerordentlichen Kündigung des Handelsvertretervertrages

Wird der ursprüngliche Handelsvertretervertrag / Agenturvertrag außerordentlich gekündigt, hat dies auch Auswirkung auf die Wettbewerbsabrede.

Kündigt der Unternehmer aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters, kann er sich (muss er aber nicht) durch schriftliche Erklärung binnen eines Monats nach der Kündigung von der Wettbewerbsabrede lossagen und sich somit seiner Ausgleichszahlungspflicht entziehen.

Kündigt der Handelsvertreter den Vertrag aus wichtigem Grund, wegen schuldhaften Verhaltens des Unternehmers, kann er sich von der Wettbewerbsabrede lossagen. Auch hier gilt die Schriftform und Monatsfrist. Beides müsste der Handelsvertreter beweisen. Hierdurch entfällt dann aber auch der Anspruch auf Entschädigung.

 

rechtsfolgen bei einem verstoß gege n die wettbewerbsabrede

Verstoß durch den Handelsvertreter

Bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot verliert der Handelsvertreter (Versicherungsvertreter) seinen Anspruch auf Entschädigung.

Zudem macht er sich schadensersatzpflichtig. Nicht selten (eigentlich immer) sind entsprechende Wettbewerbsklauseln durch Rückzahlungsklausel und Vertragsstrafen flankiert.

Verstoß durch den Unternehmer / Versicherer

Der Handelsvertreter kann auf Erfüllung klagen oder seinerseits Schadensersatzansprüche geltend machen. Keinesfalls sollte er jedoch einen etwaigen Pflichtenverstoß des Unternehmers zum Anlass nehmen, seinerseits gegen die Abrede zu verstoßen, da er hierdurch seine Ansprüche verlieren kann / wird.

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