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Die handelsrechtlichen Besonderheiten der Stellvertretung

Okt 17, 2024

Wenn das eigene Unternehmen wächst und sich langsam zu einem wahren Handelsbetrieb entwickelt, stellen viele Unternehmer fest, dass sie nicht mehr in der Lage sind, die anfallenden Aufgaben selbst zu bewältigen. Für gewöhnlich beginnt dann der erste Einstellungsprozess, zudem wir mit unserem arbeitsrechtlichen Dezernat umfassend beraten.

Darüberhinaus wird es für ein wachsendes Handelsgewerbe früher oder später erforderlich sein, leitenden Angestellten, denen man vertraut, mit einer entsprechenden Vollmacht auszustatten, um den Geschäftsinhaber auch in wichtigen Angelegenheiten zu entlasten und nach Außenhin zu vertreten. Die bedeutendste Handlungsvollmacht ist die sogenannte Prokura. 

Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick, wie man eine Prokura wirksam erteilt, welchen Umfang die Prokura hat, welche Arten von Prokura im Handelsrecht üblich sind und wie sie wieder erlöschen.

Was ist eine Prokura?

Unter den handelsüblichen Begriff Prokura versteht man die rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht, deren Umfang gesetzlich zwingend festgelegt ist (vgl. § 49 ff. HGB). So ermächtigt die Prokura den Prokuristen:

“ zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt“.

Wie wird eine Prokura wirksam erteilt?

Aufgrund der umfangreichen Befugnis, kann die Prokura nur durch einen Kaufmann und dem Geschäftsinhaber (bei einem Handelsgewerbe durch dessen gesetzlichen Vertreters) ausdrücklich erteilt werden.  Eine konkludente Prokura kommt grundsätzlich ebenso wie eine Duldung- oder Anscheinsprokura nicht in Betracht. Gleichwohl kann der Geschäftsherr im Falle einer Duldung aus Rechtsscheingrundsätzen haften! Die Erteilung einer Prokura muss zur dessen Wirksamkeit nicht ins Handelsregister eingetragen werden. Gleichwohl ist dies zu empfehlen.

Der Umfang der Prokura

Wie bereits aufgezeigt, ist der Prokurist gem. § 49 Abs. 1 HGB zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen ermächtigt, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.

Damit sind von der Prokura ausgeschlossen:

  • Geschäfte die außerhalb des Geschäftsbereichs liegen (Bsp. Privatgeschäfte des Kaufmanns).
  • Prinzipialgeschäfte (Bsp. Anmeldung und Zeichnung zum Handelsregister, Erteilung einer Prokura, Unterzeichnung des Jahresabschlusses).
  • Veräußerung und Belastung von Grundstücken. Der Prokurist kann hierfür aber gesondert ermächtigt werden (vgl. § 49 Abs. 2 HGB).
  • Grundlagengeschäfte. Der Prokurist kann das Handelsgeschäft nicht veräußern oder dessen Beendigung (Insolvenz) erklären.

Merke: Darüberhinaus gehende Einschränkungen sind nur im Innenverhältnis wirksam. Es sei denn, der Prokurist übt seine Vertretungsmacht kollusiv mit einem Dritten (zum Nachteil des Geschäftsinhabers oder Handelsgewerbes) bewusst aus. Dann ist die Vertretung gem. § 138 BGB unwirksam.

Die Arten der Prokura

Es gibt sowohl die Einzelprokura, die Gesamtprokura, die unechte Prokura als auch die Filialprokura.

  • Eine Einzelprokura liegt vor, wenn „nur“ ein einzelner Prokurist vertretungsberechtigt ist.
  • Eine Gesamtprokura liegt vor, wenn der Geschäftsherr mehrere Personen gemeinschaftlich eine Prokura erteilt. In einem solchen Fall müssen die Gesamtprokuristen bei jedem Geschäft gemeinschaftlich handeln. 
  • Von einer unechten Prokura ist auszugehen, wenn der Prokurist nur mit Zustimmung des Geschäftsführers handeln kann, was inzwischen gesellschaftsrechtlich anerkannt ist und entsprechend in den Gesellschaftsverträgen inkludiert ist.
  • Filialprokura. Hiermit wird der Prokurist ermächtigt, nur für eine ihm zugewiesene Niederlassung den Geschäftsherrn zu vertreten.

Wie erlischt die Prokura und welche Folgen hat dies für das Unternehmen?

Das Erlöschen der Prokura

Die Prokura kann jederzeit durch den Kaufmann widerrufen werden. Hierfür bedarf es nicht einmal eines Grundes. Darüberhinaus erlischt die Prokura:

  • Bei Beendigung des zugrundeliegenden Arbeitsverhältnisses
  • Bei Tod des Prokuristen. Sie ist nicht übertragbar.
  • Bei Verlust der Kaufmannseigenschaft des Geschäftsherrn. Dann könnte die Prokura jedoch zu einer Generalvollmacht (§ 140 BGB) umgedeutet werden!

Die Folgen des Erlöschens

Fehlt dem Prokuristen die Prokura, liegt auch keine Vertretungsmacht (mehr) vor. Der ehemalige Prokurist kann also nicht mehr für oder gegen den Geschäftsherrn handeln. Es ist jedoch wichtig, dass der Geschäftsherr das Erlöschen der Prokura im Handelsregister bekannt macht, da sich sonst Dritte auf die Richtigkeit des Handelsregisters berufen können.

Was ist eine Handlungsvollmacht?

Jede Handlungsvollmacht, die keine Prokura ist, ist gem. § 54 HGB eine Handlungsvollmacht. Dabei handelt es sich grundsätzlich um die üblichen Stellvertretungsvollmachten des bürgerlichen Gesetzbuches (vgl. §§ 164 ff. BGB). Das Handelsrecht kennt hiervon jedoch einige spezielle „Sonderregelungen“.

  • Generalhandlungsvollmacht. Diese ermächtigen den Stellvertreter zu Geschäften, die der gewöhnliche Betrieb mit sich bringt.
  • Arthandlungsvollmacht. Diese Vollmacht bezieht sich ausschließlich auf eine bestimmte Art von Geschäften, die für den jeweiligen Aufgabenkreis gewöhnlich sind (Bsp. Büroangestellte darf Büromaterial kaufen).
  • Spezialvollmacht. Diese ist auf einzelne Geschäfte für das Handelsgeschäft beschränkt.

Wie wird eine Handlungsvollmacht erteilt?

Anders als bei der Prokura, ist die Handlungsvollmacht nicht eintragungsfähig und kann auch vom Prokuristen oder ggf. Handlungsbevollmächtigten mit Zustimmung des Geschäftsherrn erteilt werden. Ohne Zustimmung kann der Handlungsbevollmächtigte, sofern dies zu den üblichen Geschäften gehört, entsprechende Untervollmachten erteilen.

Im Gegensatz zur Prokura kann die Bevollmächtigung auch konkludent erteilt werden und muss nicht ausdrücklich erklärt werden. 

Umfang der Handlungsvollmacht

Die Handlungsvollmacht wird bereits durch das Gesetz (vgl. § 54 Abs. 2 HGB) eingeschränkt. So ist eine Vertretung grundsätzlich ausgeschlossen bei:

  • der Veräußerung oder Belastung von Grundstücken
  • der Eingebung von Wechselverbindlichkeiten
  • der Aufnahme von Darlehen
  • der Prozessführung

Erlöschen der Handlungsvollmacht

Auch die Handlungsvollmacht kann durch den Geschäftsherrn jederzeit widerrufen werden. Zudem erlischt sie automatisch, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird. Insoweit gilt hier nichts anderes als das, was bereits zu den Erlöschungsgründen der Prokura dargestellt ist.


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