Viele Mandanten fragen uns, wann kann ich meinen Handelsvertretervertrag fristlos kündigen?
Da die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages das ultima ratio darstellt, sind die Voraussetzung relativ hoch.
Insbesondere muss ein wichtiger Grund vorliegen.
Ein wichtiger Grund liegt regelmäßig vor, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu dem im Vertrag vorgesehenen Beendigungszeitpunkt oder durch eine ordentliche Kündigung (vgl. § 89 HGB) herbeizuführenden Beendigung dem einen oder anderen Vertragsteil nach verständigem Ermessen und Treu und Glauben unter Berücksichtigung der besonderen Vertrauensverhältnisse, auf dem die Zusammenarbeit zwischen Handelsvertreter und vertretenem Unternehmen beruht, auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann (BGH, 21.03.1985).
Was konkret einen wichtigen Grund darstellt, lässt sich nicht allgemeingültig sagen. Es ist immer eine Frage des jeweiligen Einzelfalles! Umso wichtiger ist es, möglichst frühzeitig mit einem erfahrenen Rechtsanwalt für Handelsrecht den konkreten Sachverhalt aufzuarbeiten.
Wichtig zu wissen!
Die Gründe dürfen nicht länger als 2 Monate zurückliegen, damit sie noch wirksam vorgetragen werden können. Zudem können auch mehrere Gründe angeführt werden, die zwar für sich, eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages nicht rechtfertigen würden, in einer Gesamtschau aber so schwer wiegen, dass ein Festhalten am Vertrag unzumutbar erscheint.
Wichtige Gründe aus Sicht des Unternehmens, die eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages rechtfertigen
Bei der anwaltlichen Prüfung, ob eine außerordentliche Kündigung wirksam ist oder nicht, wird auch immer geprüft, ob es schon einen ähnlichen Sachverhalt gab, der von einem Gericht entschieden worden ist, woran man sich orientieren kann. Das stellt aber lediglich ein Indiz dar. Das angerufene Gericht kann durchaus zu einer anderen Entscheidung gelangen.
Bereits entschieden wurde:
- Unzulässige Konkurrenztätigkeit des Handelsvertreters (BGH 06.10.1983)
- Pflichtvernachlässigung mit der Folge eines Umsatzrückgangs (BGH 18.02.1982)
- Erhebliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des vertretenen Unternehmens (BHG 20.02.1958) – sehr kritisch-
- Fingierte Bestellungen
- Verletzungen der Geheimhaltungspflichten
- Strafbare Handlungen
- Zerwürfnisse, Beleidigungen, Verbreitung von Gerüchten
- Nichtbefolgung von Weisungen
- Zerstörtes Vertrauensverhältnis (BGH 17.01.2001)
- Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Handelsvertreters
- Schwerer Vertragsverstoß eines Handelsvertreters durch unzureichende Gebietsbeachtung
- Morddrohung
- Verdacht eines Abrechnungsbetrugs
- Falschangaben im Schadensfall im Zusammenwirken mit dem Versicherungsnehmer
- Dauerhafte Erkrankung
- Fälschung der Unterschrift eines Kunden auf dem Versicherungsvertrag (OLG München 01.07.03)
- Drohung Betriebsinterna zu offenbaren (OLG Saarbrücken 22.08.2001) u.v.m.
Wichtige Gründe aus Sicht des Handelsvertreters, die eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages rechtfertigen.
Da die außerordentliche Kündigung eine im Ergebnis sehr interessante Beendigungsoption für den Handelsvertreter / Versicherungsvertreter darstellt (sofortige Beendigung, Ausgleichsanspruch, Schadensersatz), gleichfalls aber auch risikobehaftet ist, sollte dessen Unwirksamkeit festgestellt werden (berechtigt die Gegenseite zur fristlosen Kündigung, Schadensersatz kein Ausgleichsanspruch), ist es ratsam, sich an bereits und nachfolgend skizzierten Fällen zu orientiert. Selbstverständlich sollte gerade hier vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung fachkundige Hilfe durch einen Rechtanwalt für Handelsrecht hinzugezogen werden.
Bereits entschieden wurde:
- Grundlose und wiederholte Ablehnung der Ausführung der vom Handelsvertreter vermittelten Geschäfte
- Erteilung unrichtiger Abrechnungen
- Wiederholte Säumnis bei Abrechnung und Provisionszahlungen
- Mangelhafte Belieferung der Kunden
- Erhebliche Erschwerung der Tätigkeit des Handelsvertreters durch grobe Verletzung der Benachrichtigungspflicht und Verweigerung der erforderlichen Unterlagen
- Plötzliche und Erkrankung des Handelsvertreters auf längere Zeit, sodass er unverschulet daran gehindert ist, seinen Vertragspflichten nachzukommen
- Unberechtigte außerordentliche Kündigung des Unternehmers / Versicherers
- Bevorstehende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens –kritisch–
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